Mittwoch, 15. Juni 2011

Seiner Zeit voraus

Als ich das erste Mal den Namen "Deutsch Langhaarkatze" hörte und Bilder von wunderschönen Langhaarkatzen sah, wusste ich sofort, dass das genau das ist, was ich gesucht habe: Eine gesunde, pflegeleichte und unkomplizierte Katze mit langem Fell und ohne züchterische Übertreibungen. Das waren genau die Angorakatzen aus meiner Kindheit, die mich schon damals beeindruckt hatten.


Deutsch Langhaarkatze vor 1945

Als ich nachforschte, was es mit der DLH auf sich hat, war ich sehr erstaunt, dass ein Prof. Schwangart schon vor über 80 Jahren die Idee hatte, die in Deutschland vorkommenden Langhaarkatzen vor dem Schicksal der Perser in England zu bewahren. In nur wenigen Jahrzehnten hatten Züchter dort eine Katzenrasse geschaffen, die bereits zu Zeiten Schwangarts erahnen ließ, wohin es züchterisch einmal gehen würde - immer breitere und kürzere Nasen mit immer mehr Fell und einer deutlich gewölbten Stirn.

Perser um 1933

Da Friedrich Schwangart offensichtlich ein sehr naturverbundener Mensch war, wollte er durch die Festschreibung eines Standards und der Einrichtung entsprechender Ausstellungsklassen dafür sorgen, dass neben den Persern auch eine Langhaarrasse gezüchtet werden konnte, die anatomisch mehr den ursprünglichen Langhaarkatzen Europas um die Jahrhundertwende entspricht.


ursprüngliche Perserkatze um 1900 (aus "Book of the Cats", GB)


In einer seiner Veröffentlichungen schrieb Schwangart dazu:

"Nun stellt aber der richtige Perser – Muster waren die Stücke des „Cat Club de France et de Belgique“ auf der letzten Dresdner Ausstellung, auch die Berliner zeigte solche Importen -, ein stark einseitiges Zuchtprodukt dar, mit seinem mopshaft überstumpfen, wenn auch noch so interessanten und imposanten Gesicht und seiner klobig vorgetriebenen Stirn, und ihm steht ein ursprünglich gearteter Formtyp von Langhaar gegenüber, mit freilich ebenfalls breitem Kurzkopf und –gesicht aber abgeschrägter Stirn und längerem, geradem oder sanft gewölbtem, statt persermäßig eingezogenem Nasenrücken. Diese Form, welche der unseres Kurzhaartigers, etwa auch der bei unserer europäischen Wildkatze entspricht, müßte, wäre sie auch nicht so schön, schon mit Rücksicht auf ihr Normalgepräge unserem Langhaar erhalten bleiben. Tatsächlich wirkt sie ästhetisch überaus anziehend. " - hier spricht ein echter Katzenliebhaber und ein Freund von natürlichen Formen, der sehr fasziniert von der europäischen Wildkatze war und selbst meist kurzhaarige getigerte Katzen als Haustiere hielt.

Eine wunderschöne Europäische Wildkatze

Liest man Schwangarts Beschreibung eines Persers vom Ende der 1920er, so denkt man automatisch an die heutigen fast nasenlosen Perser, deren riesige Augen beinahe aus dem Schädel zu kullern scheinen. Die hat der weitsichtige Professor jedoch noch gar nicht gekannt, sondern er meinte mit seiner Charakterisierung Katzen, die heute unter die "traditionellen Perser" oder "Perser mit Nase" fallen würden.

Perser von 1929

Leider war der gute "Katzen-Schwangart" seiner Zeit um fast ein Jahrhundert voraus und seine Idee einer naturnahen langhaarigen Katzenrasse wurde in der Nachkriegszeit und der Zeit des Wirtschaftswunders von der Begeisterung für immer exotischere Rassen und immer extremere Ausprägungen überrollt.

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